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Auch nach dem Scheitern des neuen CO2-Gesetzes eignet sich die dort vorgesehene Abgabe auf Flugtickets, um zu den Klimazielen der Schweiz beizutragen. Eine Verknappung von Angebot und Nachfrage würde die Klimawirkung des Flugverkehrs weiter reduzieren.

Vor Corona herrschte am Schweizer Himmel reger Verkehr. Soll die Luftfahrt zum Klimaschutz beitragen, darf sie nicht mehr auf das alte Niveau zurückkehren. Bild: Pixabay
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Text: , ETH Lausanne

Schweizerinnen und Schweizer sind Vielreisende. Sie fliegen fast doppelt so oft wie ihre ausländischen Nachbarn. 2019 lag der CO2-Ausstoss des Schweizer Flugverkehrs um 75 Prozent höher als 1990 und stieg in den letzten zehn Jahren um über drei Prozent jährlich.1 Zwar ist der Ausstoss seit Corona stark zurückgegangen. Doch selbst bei einem langsameren Wiederanstieg der Flugreisen nach der Pandemie und bei einem optimistischen Szenario bezüglich der technologischen Entwicklung wird der Schweizer Luftverkehr bis 2050 rund 30 Prozent mehr zur globalen Erwärmung beitragen als 2019. Dies ist mit dem Ziel des Bundesrats von Netto-Null-Emissionen nicht zu vereinbaren.

Höhere Abgaben für Langstreckenflüge nötig

Soll die Luftfahrt zum Klimaschutz beitragen, darf sie nicht mehr auf das alte Niveau zurückkehren. Dies gilt umso mehr, als dass ihre gesamte Klimawirkung dreimal so hoch ist wie ihre CO2-Emissionen alleine: Mit dem Ausstoss von Stickoxiden, Schwefeldioxid und Russ sowie der Bildung von Wasserdampf in grossen Höhen beeinflusst der Flugverkehr das Klima zusätzlich.2 Damit ist er heute schon – noch vor dem Strassenverkehr – der wichtigste Klimatreiber aller Schweizer Wirtschaftssektoren. Trotzdem hatte die Schweiz bis 2020 keine spezifische Klimapolitik für den Luftverkehr entwickelt. Und weil das Volk das neue CO2-Gesetz im vergangenen Juni abgelehnt hat, ist auch die darin vorgesehene Besteuerung von Flugtickets vorerst hinfällig.

Die Abgabe auf Flugtickets scheint für das Nein der Bevölkerung allerdings nur von geringer Bedeutung gewesen zu sein. Deshalb könnte sie in der zukünftigen Klimapolitik des Bundes dennoch eine wichtige Rolle spielen. Das CO2-Gesetz sah eine Preiserhöhung von mindestens 30 bis maximal 120 Franken pro Flug vor. Bereits vor der Abstimmung hatten Forschende der ETH Lausanne, des International Institute for Management Development und der Universität Lausanne in einem Weissbuch der Plattform «Enterprise for Society» gezeigt, dass damit die Nachfrage nach Flugreisen deutlich zurückgehen würde.3

Laut dem Weissbuch würde eine solch gestaffelte Abgabe die Passagierzahlen gegenüber dem Status Quo um 21 Prozent senken und pro Jahr fast eine Milliarde Franken einbringen. Die Klimawir­kung würde sich bei einer Obergrenze von 120 Franken aber nur um 16 Prozent reduzieren. Dieser Betrag war für interkontinentale Flüge in der Business- und First-Class vorgesehen, die im Durchschnitt 15- bis 17-mal umweltschädlicher sind als innereuropäische Flüge in der Economy-Class, die mit 30 Franken belastet worden wären. Die Höhe der Abgaben bildet die Relationen der Umweltbelastung also nur ungenügend ab. Dies gilt auch bei den 90 Franken für Interkontinentalflüge in der Economy-Klasse, die im Durchschnitt 5- bis 6-mal umweltschädlicher sind als innereuropäische Flüge in der gleichen Klasse. Das Weissbuch empfiehlt daher, die Abgaben für Langstreckenflüge mit bis zu 370 Franken deutlich höher anzusetzen.

Kontingente für Flugreisen und beschränkte Kapazitäten

Neben einer Abgabe auf Flugtickets zeigt das Weissbuch weitere Massnahmen auf, um die Luftfahrt in Zukunft klimafreundlicher zu machen. Zum Beispiel könnte der Bund eine Kilometer-Obergrenze festlegen, die jede Person pro Jahr maximal mit dem Flugzeug zurücklegen kann. Denkbar sind dabei nicht nur einheitliche Kontingente für alle, sondern auch individuelle Quoten. Unternehmen könnten je nach ihrer Grösse und ihren internationalen Aktivitäten unterschiedlich viele Flugkilometer zugeteilt erhalten. Um den verschiedenen Reisebedürfnissen Rechnung zu tragen, müssten nicht genutzte Kontingente zudem gehandelt und für spätere Jahre gespart werden können.

Eine weitere Massnahme würde nicht die Nachfrage nach Flügen beschränken, sondern das Angebot. Ein erster Schritt wäre, den Ausbau der Schweizer Flughäfen zu stoppen. Dies geschah zum Beispiel beim Flughafen London Heathrow, indem ein britisches Berufungsgericht im Februar 2020 den Bau einer dritten Start- und Landebahn stoppte, weil dies den Klimazielen Englands zuwiderlief. Zudem könnte die Zahl der Zeitfenster (Slots), die Fluggesellschaften zum Starten und Landen nutzen dürfen, auf den Schweizer Flughäfen verringert werden. Die Slots liessen sich zusätzlich auch versteigern.

Ein weiterer Ansatz (im Weissbuch nicht erörtert) baut auf dem auf, was bereits seit vielen Jahren erfolgreich bei anderen Umweltauswirkungen von Flughäfen, etwa beim Lärm und bei der Luftverschmutzung, angewandt wird: im Sachplan Verkehr des Bundes, Teil Infrastruktur Luftfahrt (SIL), für jeden Flughafen Ziele und Mittel zur Überprüfung dieser Ziele festzulegen. Man könnte den SIL mit dem CO2-Ausstoss, der sich aus dem Verkauf von Flugzeugtreibstoffen herleiten lässt, ergänzen und einen Pfad zur Verringerung der Emissionen vorgeben. Die Flughäfen müssten Massnahmen vorschlagen, um diese Reduktion zu erreichen. Sie könnten dabei ihre Erfahrung im Umgang mit Lärm und Luftverschmutzung, mit der Vergabe von Start- und Landeslots sowie der Erhebung von Landegebühren nutzen.

Referenzen

1Bundesamt für Umwelt (2021) Treibhausgasinventar der Schweiz.

2Neu U (2021) Die Auswirkungen der Flugverkehrsemissionen auf das Klima. Swiss Academies Communications 16(3).

3Thalmann P, Cocker F, Abraham P A , Brülhart M, Orgland N, Rohner D, Yaziji M
(2021) Einführung einer Flugticketabgabe in der Schweiz – Mögliche Auswirkungen auf die Nachfrage. E4S-Grundlagenpapier 2021–2, Environmental Policy platform des Enterprise for Society Center (E4S).

  • Vor Corona herrschte am Schweizer Himmel reger Verkehr. Soll die Luftfahrt zum Klimaschutz beitragen, darf sie nicht mehr auf das alte Niveau zurückkehren. Bild: Pixabay
  • Philippe Thalmann ist Professor für Umwelt­ökonomie an der ETH Lausanne und Präsident des Kuratoriums des Forums für Klima und globalen Wandel (ProClim) der SCNAT.
  • Vor Corona herrschte am Schweizer Himmel reger Verkehr. Soll die Luftfahrt zum Klimaschutz beitragen, darf sie nicht mehr auf das alte Niveau zurückkehren. Bild: PixabayBild: Pixabay1/2
  • Philippe Thalmann ist Professor für Umwelt­ökonomie an der ETH Lausanne und Präsident des Kuratoriums des Forums für Klima und globalen Wandel (ProClim) der SCNAT.Bild: ETH Lausanne2/2

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